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Ob als Geschäftsführer, Vorstand, Inhaber oder Führungskraft, momentan haben Sie voraussichtlich alle Hände voll zu tun!

Die Komplexität, mit der Sie und Ihr Unternehmen umgehen müssen, hat durch die Krise spürbar zugenommen. Das heißt, vor allem, völlig neue Anforderungen in schneller Taktung zu bearbeiten, ohne dass klar ist, wo die Reise hingeht. Und wahrscheinlich wird von Ihnen erwartet, dass Sie jetzt die richtigen Entscheidungen treffen. Die Frage lautet: Müssen Sie denn jetzt alle Entscheidungen selbst treffen?

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Was Sie entscheiden sollten:

Für eine Entscheidung, die in einer komplexen Situation getroffen wird, lassen sich die daraus entstehenden, zukünftigen Auswirkungen nicht vorhersagen. Man kann nicht wissen, ob sich die Entscheidung als »richtig« oder »falsch« herausstellen wird. Das ist kein Makel, sondern die grundlegende Eigenschaft echter Entscheidungen: sie werden unter Ungewissheit getroffen. Andersherum gesagt, wenn man durch eine Analyse der Handlungsoptionen feststellen könnte, welche davon die beste ist, dann müsste man diese nur noch umsetzen. Es gäbe keine echten Alternativen und es bliebe nichts zu entscheiden. Ohne Alternativen keine Unsicherheit, ohne Unsicherheit keine Entscheidung.

Entscheidungen werden aber nicht nur unter Ungewissheit getroffen, sondern ihre wesentliche Funktion besteht darin, ebendiese Ungewissheit zu bewältigen. Indem man sich für eine Alternative entscheidet, fallen alle anderen Alternativen weg. Man legt sich auf ein Zukunftsszenario fest, auf das sich alle Menschen in der Organisation in ihrem Handeln ausrichten können. Unsicherheit, Vieldeutigkeit und Ambivalenz werden ausgeblendet. Man ersetzt sie durch das Risiko, sich für die falsche Zukunft entschieden zu haben. Wer zum Ende des letzten Jahres zum Beispiel eine Umsatz- oder Budgetplanung für 2020 gemacht hat, dessen angenommenes Zukunftsszenario hat sich inzwischen wahrscheinlich als falsch herausgestellt. Man könnte jetzt darüber nachdenken, inwieweit solche traditionellen Planungszyklen in der heutigen Zeit überhaupt noch realistisch sind, oder ob man auf Managementpraktiken mit Vorhersageanspruch auch verzichten könnte, allerdings bleibt trotzdem der ihnen innewohnende Wunsch nach Sicherheit, Orientierung und Ordnung bestehen. Aber dieses Thema vertiefen wir ein anderes Mal.

Klar ist, dass gerade in turbulenten Zeiten Entscheidungen getroffen werden müssen, um handlungsfähig zu bleiben. Denn zu viele Optionen sorgen oft für Überforderung. Das kann man am Beispiel einer Urlaubsplanung verdeutlichen. Allein das reichhaltige Angebot unterschiedlicher Reiseziele kann überwältigend wirken. Wer hier den Anspruch hat, das beste Angebot zu finden, wird schnell handlungsunfähig. Es braucht zunächst eine oder mehrere Entscheidungen: Meer oder Berge, Stadt oder Land, Nah- oder Fernziel? Jede dieser Entscheidungen reduziert die Möglichkeiten und macht die Buchung eines konkreten Angebots (Handlung) wahrscheinlicher. Die gleiche Logik gilt auch für Unternehmen: Paradoxerweise wird erst durch diese Einschränkung von Optionen die Handlungsfähigkeit der Organisation ermöglicht. In den letzten Tagen haben sich einige Unternehmer zum Beispiel entschieden, die Produktion ab sofort im Schichtbetrieb zu organisieren, um die Anzahl der Kontakte zwischen den Mitarbeitenden zu reduzieren. Damit waren andere Optionen, wie die räumliche Reorganisation oder bauliche Maßnahmen vom Tisch und die Mitarbeitenden konnten sich anhand des neuen Rahmens zielgerichtet organisieren.

Entscheidungen, die sich auf die Handlungsmöglichkeiten aller Menschen im Unternehmen auswirken und ihnen damit die notwendige Orientierung und Ausrichtung geben, könnte man als strategische Entscheidungen bezeichnen. Sie setzen den Rahmen für das Handeln der Menschen.

Für Sie bedeutet das: Treffen Sie die strategischen Entscheidungen, die notwendig sind, um den Menschen in Ihrem Unternehmen grundlegende Orientierung für ihr Handeln zu geben. Hiermit verhindern Sie, dass sie aufgrund der Ungewissheit in Handlungsunfähigkeit verfallen.

Was Sie nicht entscheiden sollten:

Aber Achtung: Nicht jede Entscheidung, die momentan an Sie herangetragen wird, gehört in die oben beschriebene Kategorie! Insbesondere in Krisensituationen kann es passieren, dass Menschen in Ihrem Unternehmen operative Entscheidungsbedarfe an Sie herantragen, die sie eigentlich auch selbst entscheiden könnten: Wie sollten wir diese Kundenanfrage bearbeiten? Wie kompensieren wir krankheitsbedingte Ausfälle? Welches Tool sollen wir nutzen, um uns mit den KollegInnen im Homeoffice auszutauschen? Die Gefahr besteht darin, dass Sie das akzeptieren und anfangen, Entscheidungen für andere zu treffen. Wahrscheinlich mit besten Absichten und im Glauben, sich selbst und anderen damit zu helfen.

Daraus ergeben sich zwei Probleme: Zum einen bleibt Ihnen bei der Auseinandersetzung mit der Vielzahl an operativen Entscheidungen kaum noch Zeit für die notwendigen strategischen Entscheidungen. Oder Sie werden zum Flaschenhals im operativen Handeln, weil alle auf Ihre Entscheidungen warten. Zum anderen entlassen Sie die Menschen dadurch aus ihrer Verantwortung. Dabei ist es gerade jetzt wichtig, dass alle sich ihrer Verantwortung für den gemeinsamen Erfolg bewusst werden und eigenverantwortlich die Herausforderungen angehen, denen sich Ihr Unternehmen im Moment stellen muss. Wer die Verantwortung auf den Chef abschiebt und erwartet, dass dieser das »Ruder in die Hand nimmt« und die richtigen Entscheidungen treffen wird, um das Unternehmen durch die Krise zu steuern, der handelt verantwortungslos.

Für Sie bedeutet das: Ermöglichen Sie den Menschen, in Ihrem Unternehmen eigenverantwortlich operative Entscheidungen zu treffen und geben Sie solche Entscheidungsaufträge konsequent zurück, wenn sie an Sie herangetragen werden.

Wir können Ihnen auch nicht sagen, welche Ihrer Entscheidungen sich als richtig herausstellen wird. Aber wir möchten Sie ermutigen, zu entscheiden, welche Entscheidungen Sie wirklich selbst treffen müssen.

Eine Leitfrage dafür könnte sein:

Ist es wahrscheinlicher, dass durch meine Entscheidung mehr Initiative bei den Menschen entsteht, oder dass sie verhindert wird?